Wenn der Wald in den Wintermonaten zur Ruhe kommt und viele Pilze längst verschwunden sind, zeigt sich der Gemeine Samtfußrübling als unermüdlicher Überlebenskünstler.
Mit seinem warmen honiggelben Hut und dem samtig dunklen Stiel bringt er Licht in graue Tage – und das nicht nur optisch: Er ist einer der wenigen Pilze, die selbst bei Frost wachsen. Oft entdeckt man ihn an totem Laubholz, wo er kleine Kolonien bildet, scheinbar unbeeindruckt von Kälte und Schnee.
Den Gemeinen Samtfußrübling haben wir in 01/25 an geschwächten Eschen gesehen.
Aussehen:
Der Gemeine Samtfußrübling ist ein leuchtender Wintergast im Wald. Sein honig- bis ockerfarbener Hut wirkt bei Feuchtigkeit fast glasig und glänzt auffällig – besonders im schwachen Licht grauer Tage. Der Stiel ist samtig, dunkelbraun bis fast schwarz, nach oben hin heller werdend, und stets ringlos, was ihm seinen Namen eingebracht hat. Die Hüte sind meist 2–6 cm breit, jung halbkugelig, später flach ausgebreitet. Oft wachsen mehrere Fruchtkörper in dichten Büscheln zusammen, meist aus Rindenspalten an Totholz.
Ökologie:
Flammulina velutipes ist ein sogenannter Schwächeparasit und Saprobiont – er besiedelt geschwächte oder bereits abgestorbene Laubbäume, besonders Weiden, Pappeln, Eschen oder Holunder. Er erscheint bevorzugt in der kalten Jahreszeit – von Herbst bis ins Frühjahr – und kann selbst bei leichtem Frost weiterwachsen. Dadurch zählt er zu den wenigen Pilzarten, die auch mitten im Winter regelmäßig Fruchtkörper ausbilden.
Verbreitung:
Der Gemeine Samtfußrübling ist in der gesamten nördlichen Hemisphäre weit verbreitet – von Europa über Ostasien bis Nordamerika. Auch in Australien wurde er eingeschleppt. In Deutschland ist er häufig und lässt sich besonders gut in feuchten Auwäldern, an Waldrändern oder in Parkanlagen finden.
Verwechslung:
Beim Sammeln ist Vorsicht geboten: Der Samtfußrübling kann mit dem essbaren Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis) verwechselt werden, das jedoch einen Stielring besitzt. Gefährlicher ist die Ähnlichkeit zum Gift-Häubling (Galerina marginata), der ebenfalls auf Holz wächst und ebenfalls ringtragend ist. Auch innerhalb der Gattung Flammulina gibt es ähnliche Arten, die sich nur mikroskopisch sicher unterscheiden lassen. Standort, Jahreszeit und das Fehlen eines Rings sind wichtige Hinweise.
Besonderes:
Die Art ist ein Paradebeispiel für frostresistente Fruchtkörperbildung – bei Trockenheit zieht sich der Pilz in das Holz zurück, bei Feuchtigkeit erscheinen neue Fruchtkörper innerhalb weniger Tage. In Ostasien wird eine spezielle, langstielige Zuchtform unter dem Namen „Enoki“ in dunklen Kulturräumen gezogen. Diese sieht völlig anders aus: lang, dünn und weiß – ein gutes Beispiel dafür, wie stark Umweltbedingungen die Erscheinung eines Pilzes beeinflussen können.
Essbarkeit:
Der Gemeine Samtfußrübling ist essbar und wird für seine zarte Konsistenz und den milden Geschmack geschätzt. Aufgrund möglicher Verwechslungen mit giftigen Arten sollte er jedoch nur von erfahrenen Pilzkennern gesammelt werden.
Systematik: Unterabteilung: Agaricomycotina - Klasse: Agaricomycetes - Unterklasse: Agaricomycetidae -Ordnung: Champignonartige (Agaricales) - Familie: Physalacriaceae - Gattung: Samtfußrüblinge -Wissenschaftlicher Name - Flammulina (P. Karst.)
Wer tiefer in die Welt des Gemeinen Samtfußrüblings (oder anderer Waldbewohner) eintauchen möchte, findet hier eine Auswahl an weiterführender Literatur und Quellen. Die Natur hält noch viele spannende Details bereit.
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Wikipedia und dort aufgeführte Quellen
📸Susanne Gnass
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